„Wir haben das Ziel nie aus dem Blick verloren“

Hallo Daniel, im Sommer 2009 hast du damals zum TV Bittenfeld gewechselt. Bevor wir auf die Saison des Bundesligaaufstiegs zu sprechen kommen, wie verliefen aus deiner Sicht die Spielzeiten bis zum besagten Jahr des Aufstiegs?

Wir hatten in den Jahren vor dem Aufstieg das Problem gehabt, dass wir teilweise zu inkonstant waren. Vermeintlich leichte Spiele haben wir verloren und auch auswärts haben wir uns nicht immer von der besten Seite präsentiert. Das haben wir dann in der Aufstiegssaison, Gott sei Dank, abstellen können und dann auch die entscheidenden Punkte geholt. Diese hatten uns in den Jahren davor noch gefehlt. 

Abgesehen vom Aufstiegsspiel, welche Erinnerungen hast du an die Saison 2014/15? 

Die Saison war bei weitem auch durchweg keine konstante Saison. Wir hatten in der Tat noch eine Delle drinnen aber wir haben das Ziel aber nie aus dem Blick verloren. Das war meiner Meinung nach sehr wichtig und mit jedem Sieg in der Rückrunde ist dann auch der Glaube an das Ziel gewachsen. Der Zuspruch der Zuschauer wurde auch immer größer und man hat schon gemerkt, dass alle daraufhin fiebern und das hat natürlich auch uns mitgezogen.

Nachdem der Aufstieg im Vorjahr nicht geklappt hatte, war es ja dann in der Saison 2014/15 euer Ziel dann auch tatsächlich aufzusteigen. Wie groß war da der Druck?

Es war sicherlich Druck da. Man hatte sich mittlerweile zu einem Spitzenteam in der zweiten Liga entwickelt und es sollte eben noch dieser letzte Schritt gemacht werden. Das wollten wir dann auch und hatten es in der eigenen Hand. Letztlich war das der ausschlaggebende Punkt. 

Was hat euer Team damals ausgemacht?

Auf jeden Fall waren wir sehr eingespielt. Wir hatten Kämpfertypen wie Richard Sundberg im Team. Diese Rollenspieler haben wichtige Löcher gestopft und waren bereit die Dreckarbeit zu machen, ohne im Rampenlicht zu stehen. Letztlich hat es die Mischung aus starken Individualisten und einem guten Teamgefüge ausgemacht.  

Du hast natürlich auch weiterhin die Entwicklung des TVB in der ersten Liga beobachtet. Wie beurteilst du das Ganze?

In den ersten paaren Jahren war es schon sehr knapp. Vor allem in der ersten Saison nach dem Aufstieg hatten wir schon Glück, dass die Hamburger pleite gegangen sind. Man kann ganz klar sagen, dass die Entwicklung durchaus positiv ist. Dieses Jahr ist man schon auf einem sicheren Platz im Mittelfeld gewesen. Ohne die Coronakrise wäre man sicherlich noch ein paar Plätze nach oben gekommen. Die Qualität der Spieler hat deutlich zugenommen und das ganze Umfeld ist weiterhin gewachsen – der TVB macht einfach eine richtig gute Entwicklung.

„Der Weg des TVB ist noch nicht am Ende“

Hallo Simon, als du damals zum TV Bittenfeld gekommen bist, war es da abzusehen, dass sich der Verein derartig entwickeln wird?

Das war eine sehr junge Gruppe, die damals direkt aus der BWOL in die Regionalliga aufgestiegen ist. Für mich waren das alles Freunde und Bekannte aus den Auswahlmannschaften hier in der Region. Wenn man mir damals gesagt hätte, dass wir mit dem TVB in die erste Liga aufsteigen, dann hätte ich das zwar schön gefunden aber vermutlich gesagt, dass man die Kirche im Dorf lassen soll. Dass es dann so eine Entwicklung genommen hat, war damals nicht abzusehen. 

Du hast ja insgesamt drei Aufstiege mit dem TVB mitgemacht. Welche Bilder kommen dir in den Kopf, wenn du an das Spiel um den Einzug in die Bundesliga in Hüttenberg denkst?

Als allererstes muss ich daran denken, wie wir kurz vor Schluss ein Gegentor bekommen und ich zum Anspiel laufe. Das Spiel ging noch vier oder fünf Sekunden. Ich habe Micha Schweikardt gesehen, wie er den Ball wegwirft und dann auf mich zu gerannt kommt. Das ist das, was mir am meisten in Erinnerung geblieben ist und außerdem, dass das Spiel nicht sonderlich gut war aber das Ergebnis natürlich gepasst hat.

Ihr habt euch letztlich für die gesamte Entwicklung des Vereins belohnt. Es war ja wirklich ein Stamm an Spielern, der über lange Zeit zusammengespielt hat. War das – auch im Vergleich zu den Jahren davor – das Besondere, dass dieses Team ausgemacht hat?

Ich denke, am Ende war es der ausschlaggebende Punkt, dass wir uns einfach über Jahre hinweg weiterentwickelt haben und keinen großen Personalwechsel hatten. Wir haben wirklich mit einem Stamm von sechs oder sieben Spielern über fast ein ganzes Jahrzehnt zusammengespielt.

Im Jahr vor dem Aufstieg war doch die Enttäuschung recht groß, dass es da eben nicht gereicht hatte. Wenn man sich die gesamte Entwicklung anschaut, war 2015 letztlich genau das richtige Jahr, um aufzusteigen?

Im Endeffekt gibt es kein gutes oder schlechtes Jahr. Sondern man spielt gut genug oder nicht. Man hatte sich ja relativ schnell oben etabliert, sodass der Aufstieg recht schnell das Ziel war.

Du hast die weitere Entwicklung des TVB in der ersten Liga damals noch vier Jahre als Spieler weiter begleitet und auch jetzt noch sicherlich weiterhin verfolgt. Was denkst du, wohin wird dieser Weg den TVB noch führen?

Ich gehe fest davon aus, dass der Weg des TVB noch nicht am Ende ist. Jetzt muss man wegen Corona erstmal abwarten, wie es weitergeht in der Bundesliga und wie sich die Etats entwickeln. Da wird sich jetzt vermutlich einiges tun – auch was Spielergehälter angeht. Ich glaube, dass der TVB mit dem 12. Platz gezeigt hat, dass auch mit dem TVB auf einem einstelligen Tabellenplatz zu rechnen ist. Das muss auch über kurz oder lang das Ziel sein. Dies gibt dann auch wieder die Möglichkeit Spieler längerfristig zu halten. In den letzten drei oder vier Jahren gab es immer wieder einen größeren Personalwechsel. Eine eingeschworene Mannschaft ist, glaube ich, auch in der ersten Liga, das, was den Erfolg ausmacht.

Nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch darum herum hat sich der TVB über die Jahre weiterentwickelt. Wie beurteilst du diese Entwicklung fernab vom Spielgeschehen?

Ich kenne ja noch die Geschichten aus der dritten Liga. Da sind wir noch mit gemieteten Sprintern selbst zum Auswärtsspiel gefahren und jeder hat sich sein eigenes Essen mitgebracht. Mittlerweile gibt es Busreisen mit richtig gutem Essen oder Hotelübernachtungen und Flugreisen. Es war am Anfang wahrscheinlich so, dass die sportliche Entwicklung der Entwicklung im Hintergrund voraus war. Aber am Ende des Tages gleicht sich das so langsam an und natürlich geht es auch dort in großen Schritten voran. 

TVB stellt Weichen für die neue Saison

Der TVB Stutttgart geht auch in die neue Saison mit dem Trainerduo Schweikardt und Schäfer. Cheftrainer Jürgen Schweikardt wird somit seinen bis zum 30. Juni 2021 gültigen Vertrag erfüllen. Der Vertrag mit Co-Trainer und ebenfalls A-Lizenz-Inhaber Karsten Schäfer wurde um ein weiteres Jahr, bis zum 30. Juni 2021, verlängert. Der Sportwissenschaftler geht somit bereits in seine 9. Saison mit den Wild Boys.

Auf der Geschäftsstelle wird es hingegen eine Änderung geben. Sven Franzen, bisher Geschäftsführer für Finanzen, Vertrieb und Events, wird sich ab Sommer, auf eigenen Wunsch hin, komplett seinen Aufgaben beim Hauptsponsor Kärcher widmen. Dem TVB wird er als Sponsoringansprechpartner auf Kärcher Seite erhalten bleiben.

Jürgen Schweikardt wird somit seine Doppelfunktion als Trainer und Geschäftsführer ein weiteres Jahr ausüben. Die Aufgaben von Sven Franzen wird Philipp Klaile, der für die Bereiche Vertrieb & Kommunikation verantwortlich ist, übernehmen. Klaile arbeitet seit 2013 beim TVB und ist nach seinem erfolgreich absolvierten dualen Studium seit zwei Jahren als Pressesprecher und seit Frühjahr 2019 als Leiter für Vertrieb & Kommunikation tätig. Die Gesellschafterversammlung hat entschieden, Klaile nun Prokura zu erteilen.

„Dass die Doppelfunktion von Jürgen nur zeitlich begrenzt geplant ist, ist bekannt. Deshalb haben wir uns vor der Corona-Pandemie, auch auf Wunsch von Jürgen hin, intensiv damit befasst die Doppelkonstellation nach der Saison aufzulösen und die Funktionen wieder zu trennen. Wir sind gemeinsam zu der Entscheidung gekommen, dass wir aufgrund der aktuellen Lage und der noch unvorhersehbaren finanziellen Situation, die Konstellation ein weiteres Jahr so fortführen“, erklärt der Sprecher der Gesellschafter Christian May und fügt an: „Aufgrund der guten Entwicklung von Philipp Klaile können wir dem Wunsch von Sven Franzen, sich zukünftig vollständig seinen Aufgaben bei Kärcher zu widmen, entsprechen. Philipp Klaile wird in seiner Position als Prokurist und Leiter für Vertrieb und Kommunikation einen großen Teil der Aufgaben von Sven Franzen übernehmen.“

„An allererster Stelle möchte ich mich bei der Gesellschafterversammlung für die offenen Gespräche und das entgegengebrachte Vertrauen bedanken. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Karsten auch in der kommenden Saison die Mannschaft betreuen zu dürfen. Des Weiteren danke ich Sven Franzen für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den letzten beiden Jahren. Dass Philipp nun den nächsten Schritt macht und uns in leitender Funktion unterstützt ist die logische Konsequenz aus seiner Entwicklung der letzten Jahre. Zusätzlich werden wir auf der Geschäftsstelle weitere Umstrukturierungen vornehmen, um in Zukunft noch effizienter zu arbeiten, damit wir den TVB durch diese raue Zeit manövrieren können“, so Jürgen Schweikardt.

„Ich bedanke mich sehr für das Vertrauen des Clubs und freue mich auch im 9. Jahr die Jungs zusammen mit Jürgen weiterentwickeln zu dürfen. Gemeinsam wollen wir mit dem TVB die nächsten Schritte machen“, freut sich Co-Trainer Karsten Schäfer über die Vertragsverlängerung.

„Es war eine sehr spannende und schöne Zeit beim TVB. Herzlichen Dank an alle Mitarbeiter, Sponsoren, die Gesellschafter und meinen Geschäftsführer-Kollegen Jürgen für das Vertrauen in meine Person und die offene und partnerschaftliche Zusammenarbeit in den letzten beiden Jahren. Der TVB ist sehr gut aufgestellt und wird seinen Fans und Sponsoren noch viel Freude bereiten. Ich werde den weiteren Weg gespannt verfolgen“, sagt Sven Franzen.

„Wir befinden uns im Modus des Abwartens“

Jürgen Schweikardt, Trainer und Geschäftsführer des TVB Stuttgart, plädiert im Notfall für Geisterspiele im September.

Die Fußball-Bundesliga spielt wieder, die Handball-Profis dagegen befinden sich nach dem Saisonabbruch weiterhin im Stand-by-Modus. Wann und unter welchen Rahmenbedingungen die neue Saison starten wird, steht noch in den Sternen. „Wir befinden uns derzeit im Modus des Abwartens“, sagt Jürgen Schweikardt, Trainer und Geschäftsführer des TVB Stuttgart.

Während sich die Stuttgarter Spieler nach wie vor in Kurzarbeit befinden, werden hinter den Kulissen diverse Szenarien durchgespielt. So haben die Trainer der Handball-Bundesliga (HBL) nach einer gemeinsamen Videokonferenz eine eigene Kommission gebildet, der unter anderem Frank Carstens vom TSV GWD Minden angehört. „Wir wollen uns an verschiedenen Stellen einbringen“, sagte der Trainer in einem Interview mit dem Mindener Tageblatt. Beispielsweise bei der Gestaltung des Spielplans. Es sei „zwingend notwendig“, dass hier auch Trainer und damit Sportfachleute ihre Meinung und ihr Wissen beisteuerten.

Jürgen Schweikardt ist beim TVB Stuttgart als Trainer und Geschäftsführer sowohl für den sportlichen als auch den kaufmännischen Bereich zuständig. Weshalb er auch in Corona-Zeiten einiges zu tun hat – meist indes geschieht dies eher im Hintergrund. „Die Handball-Bundesliga hat noch keine Entscheidung getroffen, wann und wie es weitergehen soll“, sagt Schweikardt. Das könne auch noch ein paar Wochen dauern. „Ich denke, man wartet ab, wie’s im Fußball und Basketball jetzt läuft, wie sich die Lockerungen auswirken und wie die politischen Entscheidungen ausfallen.“

Spätestens Ende Juni wünscht sich Schweikardt Klarheit. Am 6. Juli möchten die Stuttgarter mit der Saisonvorbereitung starten, auch das Trainingslager in Österreich ist terminiert. Im September würden die Bundesligisten gerne in die Saison starten. Kürzlich machte sich Bob Hanning, DHB-Vizepräsident und Geschäftsführer der Füchse Berlin, für Geisterspiele stark. Er sei auf alle Fälle dafür, sagte Hanning gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings nur für einen überschaubaren Zeitraum. „Wir müssen wieder in die Öffentlichkeit.“ Als nach dem Stopp der Saison zur Debatte gestanden hatte, die Runde – analog zum Fußball – ohne Zuschauer zu Ende zu spielen, waren die Verantwortlichen davon nicht begeistert. Auch, weil die Handballclubs viel mehr als die Fußballer auf die Zuschauereinnahmen angewiesen sind.

„Ich sehe das ähnlich wie Bob Hanning“, sagt Schweikardt. „Wir dürfen nicht zu lange von der Bildfläche verschwinden, außerdem brauchen die Spieler irgendwann mal wieder einen Wettkampf.“ Und die Vereine sollten alsbald wissen, unter welchen Rahmenbedingungen sie weiterarbeiten müssen. „Wir müssen unseren Trainingsplan danach richten und brauchen außerdem eine Grundlage für die Gespräche mit den Sponsoren.“ Mit denen stehe der TVB zwar ständig in Kontakt, könne aber keine klaren Aussagen machen derzeit.

In verschiedenen Arbeitsgruppen diskutierten die Vereine, so Schweikardt, neue Vermarktungsmöglichkeiten. „Können wir beispielsweise mehr TV-Flächen bekommen, falls es Geisterspiele geben sollte?“ Zudem müssten sich die Clubs mit Hygienekonzepten auseinandersetzen. „Da gibt’s plötzlich ganz neue Themenfelder.“

Die Vereine stehen vor großen Herausforderungen, und auch die Spieler müssen mit großer Wahrscheinlichkeit den Gürtel enger schnallen. „Wir haben zwar noch keine exakten Zahlen, aber es ist absehbar, dass wir weniger Einnahmen haben werden“, sagt Schweikardt. „Doch erst wenn wir wissen, wie hoch die Verluste ausfallen werden, können wir mit den Spielern seriöse Gespräche führen. Es muss alles nachvollziehbar sein.“

Jürgen Schweikardt geht davon aus, dass sich die Spieler darüber im Klaren seien, dass auch sie ein wenig zurückstecken müssen und vielleicht eine Saison weniger verdienen würden. „Es geht in erster Linie darum, dass wir alle unsere Jobs retten müssen. Und wir möchten den Profihandball erhalten.“

Trainiert und gespielt wird in der ersten Handball-Bundesliga zwar nicht, doch im Hintergrund werden vielerlei Konzepte erarbeitet. Einig sind sich alle Beteiligten, hier der TVB-Trainer und Geschäftsführer Jürgen Schweikardt, dass der Handball schnellstmöglich zurück auf die Bühne muss. Zur Not auch für eine Weile mit den ungeliebten Geisterspielen.

Es ist an der Zeit danke zu sagen!

Zu allererst gilt unser Dank natürlich Euch, unseren Fans, für Eure großartige und lautstarke Unterstützung. Aber auch all unseren Sponsoren und Partnern möchten wir ein großes Dankeschön aussprechen. Es ist schön zu sehen, dass die TVB-Familie besonders in diesen Zeiten zusammenhält und wir alle, trotz Abstandsregelungen, noch näher zusammengerückt sind. 

Außerdem danken wir unseren Ärzten und dem Physioteam, ohne die unsere Jungs nicht so schnell wieder fit auf dem Spielfeld stehen würden. Auch bei Jens Zimmermann unserem Hallensprecher, möchten wir uns herzlich für seinen Einsatz bedanken. Ein großes Dankeschön geht auch an unseren Fotografen Jens Körner, dessen Apparat immer im richtigen Moment auslöst und die schönsten TVB-Momente einfängt.

Zuletzt möchten wir uns bei unseren ehrenamtlichen Helfern, unser Team hinter den Mannschaften auf dem Spielfeld, bedanken. Ohne euch wären wir heute nicht da, wo wir sind! Euer Einsatz im Hintergrund ist unermüdlich. Auf euch ist immer Verlass. Das ist nicht selbstverständlich und wir wollen euch dafür von Herzen danken. 

Danke euch allen für eure großartige Arbeit neben dem Spielfeld!

Abschied ohne Beifall

Es ist eine gespenstische, unwirkliche Atmosphäre am Donnerstagabend in der Stuttgarter Porsche-Arena. Dort, wo um 19 Uhr normalerweise 6000 Handball-Fans für Stimmung sorgen bei den Heimspielen des TVB Stuttgart, verlieren sich im Schummerlicht rund ein Dutzend Club-Mitarbeiter, eine Handvoll Medienvertreter, drei Spieler, der Trainer Jürgen Schweikardt und Christian May, Sprecher der Gesellschafter. Der Anlass der Veranstaltung passt irgendwie zum Ambiente: Immer dann, wenn das Bittenfelder Mostkrügle auftaucht, stehen die Zeichen auf Abschied. Er ist das traditionelle Geschenk für Spieler, die den TVB verlassen.

Zum Abschied ein Bittenfelder Mostkrügle

Vier Gefäße, allerdings ohne vergorenen Apfelsaft, stehen an diesem Donnerstag bereit, an dem David Schmidt, Robert Markotic, Christian Zeitz und Manuel Späth eigentlich zum letzten Mal ins TVB-Trikot geschlüpft wären. Allerdings nicht in Stuttgart, sondern in der Flensburger Arena. Die wäre auch ein schöner Rahmen gewesen, doch das Coronavirus hat die Saison vorzeitig beendet. Weil beide Vereine nicht grußlos in den Urlaub verschwinden wollen, haben sie sich etwas einfallen lassen: Sowohl der Meister der Vorsaison und Vizemeister der Corona-Runde als auch der Zwölfte bieten zeitgleich einen Livestream über die sozialen Medien an.

Platz gibt’s reichlich in der Porsche-Arena an diesem Donnerstag, dennoch müssen die Verantwortlichen des TVB streng auf die Hygienevorschriften achten. So schlüpft Elmar Burke in die Rolle des „Desinfektionsbeauftragten“. Bevor sich ein neuer Redner an das Stehpult zu Moderator Jens Zimmermann begibt, wird das Mikrofon gesäubert. Die Gesprächspartner achten dabei auf den empfohlenen Mindestabstand von eineinhalb Metern.

Ein Relikt aus anderen Zeiten

So richtiges Porsche-Arena-Gefühl kommt nicht auf bei Jürgen Schweikardt, dem Trainer und Geschäftsführer des TVB Stuttgart. „Es fühlt sich schon komisch an, wenn man in die Halle reinläuft“, sagt er. „Es wirkt wie ein Relikt aus anderen Zeiten.“ Auch das Gefühl, das man in einem letzten Spiel habe, die Vorfreude auf die gemeinsame Abschlussfahrt oder den Urlaub mit der Familie, das alles falle nun weg.

Was bleibt, ist der Abschied von Spielern. „Die Entscheidungen, wie ein Kader zusammengestellt wird und ob man sich von verdienten Spielern trennt, ist nicht immer ganz leicht“, sagt Schweikardt. „Aber das gehört zum Geschäft nun einmal dazu, da müssen sehr viele Dinge mit berücksichtigt werden.“

David Schmidt verlässt den TVB aus freien Stücken, er sucht beim Ligakonkurrenten Bergischer HC eine neue Herausforderung. Nicht mehr verlängert werden die Verträge von Robert Markotic, Manuel Späth und vom nachverpflichteten Christian Zeitz.

Schmidt wird beim TVB zum Nationalspieler

Nur sechs seiner 305 Bundesligaspiele hat Christian Zeitz für den TVB bestritten. Die reichen jedoch, um nachhaltig Eindruck zu hinterlassen. Die Fans würden „Zeitzi“ gerne weiterhin im TVB-Trikot sehen, allerdings ist die Position im rechten Rückraum für die nächste Saison längst zweifach besetzt. Und ein zusätzliches Gehalt kann sich der TVB in diesen schwierigen Zeiten wohl kaum leisten.

Beim TVB zum Nationalspieler gereift ist David Schmidt. „Das war natürlich eine Riesensache für mich“, sagt er. „Aber man muss natürlich ehrlicherweise sagen, dass das alles ein bisschen glücklich zustande gekommen ist.“ In zwei Jahren und 49 Ligaspielen für den TVB erzielte der Linkshänder 217 Tore. „Ich hatte wahnsinnig tolle Mitspieler hier“, sagt er.

Der dritte Linkshänder, der Stuttgart verlassen muss, fehlt bei der Verabschiedung. Robert Markotic, der zum Regionallisten SG Ratingen wechselt, ist im Umzugsstress. Eine Facebook-Grußbotschaft an die Fans gibt’s allerdings vom Kroaten.

Späth bleibt Siebenmeter verwehrt

In sieben Ländern und sieben Ligen hat der 30-Jährige gespielt, eher heimatverbunden dagegen ist Manuel Späth. Auf mehr als zwei Ligen dürfte es der 34-Jährige kaum mehr bringen. FA Göppingen und TVB Stuttgart lauten die Stationen des „Bundesliga-Dinos“, der gerne noch ein Jahr beim TVB Stuttgart angehängt hätte. Seine Profi-Karriere wird Späth höchstwahrscheinlich im Ausland fortsetzen und auch beenden, noch indes steht der Verein nicht fest.

In einer Bundesliga-Statistik liegt Manuel Späth ganz vorne: In 14 Jahren hat er lediglich zwei Spiele verpasst – und die wegen der Geburt seiner beiden Töchter. In einer anderen Rangliste steht Späth am Ende, schuld daran ist das Coronavirus. Noch nie hat der Kreisläufer die Gelegenheit gehabt, einen Siebenmeter zu werfen. „Das habe ich mir fürs letzte Spiel fest vorgenommen, da wollte ich mir auf jeden Fall einen Ball schnappen.“

Info

Die Abschieds-Veranstaltung des TVB gibt’s in voller Länge auf Facebook und Youtube zu sehen.

Quelle: ZVW/Thomas Wagner

Zeitz hat keine Lust auf die Rente

Der Weltmeister möchte noch ein Jahr spielen 

Christian Zeitz hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich der Handball-Erstligist TVB Stuttgart im Februar mit einem Kraftakt aus einer prekären Lage befreit hat. An diesem Donnerstag wird der Weltmeister von 2007 – zusammen mit Manuel Späth, David Schmidt und Robert Markotic – verabschiedet. Allerdings nicht mit einer spektakulären Lightshow, eifrigem Händeschütteln, Schulterklopfen und Handy-Selfies nach dem Bundesliga-Finale, sondern im Online-Livestream des TVB. Es ist eine besondere Situation für einen außergewöhnlichen Spieler. Die Saison 2019/2020 hat ihren Platz ganz oben in den Handball-Geschichtsbüchern sicher, weil ihr ein fieses Virus sieben Spieltage vor Schluss den Garaus gemacht hat. Es ist aber auch die Spielzeit eines erstaunlichen Comebacks gewesen: Nach zweijähriger Bundesliga-Pause und mit stolzen 40 Jahren auf dem breiten Kreuz verzückte „Zeitzi“ die Fans und beeindruckte die Konkurrenz. Es ist keinesfalls so, dass der Routinier die Stuttgarter im Alleingang zum Ligaverbleib geworfen hat. Doch der gebeutelte und verunsicherte TVB profitierte zweifelsfrei von der Aura und Erfahrung eines Spielers, der schon alles erlebt hat in seiner 20-jährigen Profi-Karriere. „Ich hatte großen Spaß mit dem TVB, ich habe mich schnell wohl gefühlt“, sagt Zeitz im Gespräch mit dieser Zeitung. „Schade, ich hätte die Saison sehr gerne zu Ende gespielt, wir hatten gerade einen sehr guten Lauf.“ 

Das Comeback: Ein Risiko für den Verein und den Spieler 

So richtig geglaubt an eine Fortsetzung der Runde habe er nach der Unterbrechung nicht. Die Vorschläge, etwa jenen von Bob Hanning, den Rest der Saison in Turnierform zu spielen, sei nicht praktikabel gewesen. „Ich denke, auch bei den Fußballern wird das nicht lange gutgehen. Und womöglich rennen die Fans bei den Geisterspielen wieder vors Stadion.“ Die Serie des TVB war ebenso wenig zu erwarten wie Zeitz’ starkes Comeback. Sowohl für den TVB als auch für den Spieler war die Verpflichtung ein Risiko. Schließlich ist Zeitz schon immer bekannt dafür, seine Trainer auch mal in den Wahnsinn zu treiben. Nicht immer macht er auf dem Spielfeld das, was ihm aufgetragen wird. Doch gerade dieser Egoismus, dieses Unberechenbare hat in unzähligen Spielen den Unterschied ausgemacht. Das wusste auch Johannes Bitter. Der Torhüter des TVB Stuttgart brachte seinen Weltmeister-Kollegen von 2007 ins Gespräch, nachdem dem TVB durch den verletzungsbedingten Ausfall von David Schmidt im rechten Rückraum die Luft auszugehen schien. Und das mitten im Abstiegskampf. Es war nicht das erste Mal, dass der TVB mitten in der Saison einen Hochkaräter an Land zog. Die Bittenfelder schnappten sich Bitter, nachdem dessen Verein, der HSV Hamburg, im Januar 2016 Insolvenz angemeldet hatte. Der Weltmeister-Keeper erwies sich als Volltreffer. Warum also sollte dem TVB nicht noch einmal so ein Coup gelingen? Wobei: Ein bisschen anders war die Situation bei Zeitz schon. Während Bitter bei seinem Wechsel nach Stuttgart voll im Saft gestanden hatte, pausierte Zeitz nach dem Rückzug seines Teams. Und: Zeitz kam aus der dritten Liga, von der SG Nußloch. 

So langsam wird es ein bisschen langweilig

 „Klar habe ich mir Gedanken gemacht, ob es Sinn macht, noch einmal zu spielen, ich war ja zwei Jahre draußen aus dem Bundesliga-Geschäft“, sagt Zeitz. „Ich habe aber gemerkt, dass ich immer noch mithalten kann.“ In den ersten zwei, drei Spielen sei’s körperlich nicht so einfach gewesen für ihn. „Dann bin ich aber immer besser reingekommen.“ Wichtig sei gewesen, dass er nicht übersteuert habe und dosiert eingesetzt worden sei. „Das war mit Jürgen Schweikardt so abgesprochen, außerdem war auch Robert auf meiner Position noch da.“ Durch den Spielabbruch kam Christian Zeitz nur in sechs Spielen zum Einsatz. 22 Tore und etliche Assists – bei nicht übermäßig viel Spielzeit – sprechen für sich. Seit einigen Wochen befindet sich Zeitz, wie seine Mannschaftskameraden, in Kurzarbeit und vertreibt sich zu Hause in Schwetzingen die Zeit. „Zwei, drei Wochen war’s ganz okay, um ein bisschen runterzukommen und zu regenerieren“, sagt er. „Langsam wird’s aber schon ein bisschen langweilig.“ Lieber heute als morgen möchte er aufs Spielfeld zurück und das tun, was er am liebsten macht: einfach nur Handball spielen. In dieser Saison wird daraus wohl nichts mehr werden. Derzeit hält sich Zeitz mit Läufen und Stabilitätsübungen fit. „Ich hoffe, dass demnächst die Fitnessstudios wieder aufmachen.“ Eine eigene Mucki-Bude im Keller hat er – noch – nicht, möchte sich nun jedoch „ein bisschen etwas zulegen“. Sein Hauptbetätigungsfeld sollen die Gewichte allerdings nicht werden. Demnächst möchte er seinen Trainerschein in Angriff nehmen, „aber auch noch gerne ein Jährchen in der ersten Liga spielen“. Wo, das steht noch in den Sternen. Das Engagement beim TVB war lediglich bis zum Saisonende angedacht. Durch die frühzeitige Verpflichtung von Viggo Kristjannson und Jerome Müller waren die beiden Plätze im rechten Rückraum bereits vergeben, als Zeitz nachverpflichtet wurde. „Es ist sicherlich nicht die beste Zeit, einen neuen Vertrag abzuschließen“, sagt Zeitz. „Jeder Club muss kämpfen und schauen, dass er nicht sogar noch einen Spieler abgeben muss.“ In Berlin sei das schon der Fall. Zeitz geht davon aus, dass es auch noch andere Vereine treffen wird. Auf finanzielle Abstriche hat er sich schon eingestellt. „Ich glaube nicht, dass die Verträge so hoch dotiert sein werden. Und mir ist auch bewusst, dass ich keine 26 Jahre alt mehr bin.“ Ob’s für den großen Traum, einer Finca auf Ibiza, trotzdem reichen wird für Christian Zeitz? „Ich denke, ich muss noch mal Lotto spielen“, sagt Zeitz und lacht.

Quelle: ZVW/Thomas Wagner

Virtuelle Spielerverabschiedung am 14.05.2020

Am morgigen Donnerstag hätte mit dem Auswärtsspiel bei der SG Flensburg-Handewitt unsere letzte Bundesligapartie der Saison 2019/20 angestanden. Auch wenn die Saison nun bereits vorzeitig beendet wurde, nehmen wir diesen Spieltermin zum Anlass, um uns von unseren abgehenden Spielern angemessen zu verabschieden. 

Nach drei Jahren im blau-weißen Trikot verabschieden wir uns von Manuel Späth. Unser Co-Kapitän hat in dieser Zeit nur ein Spiel, wegen der Geburt seiner Tochter, verpasst und insgesamt 141 Bundesliga-Tore für den TVB erzielt. Auch Robert Markotic wird in der kommenden Saison nicht mehr für den TVB Stuttgart auflaufen. In den vergangenen drei Jahren erfreute uns Robert mit wurfgewaltigen Treffern und abseits des Spielfeldes mit seiner lustigen Art. Seinen Positionskollegen, David Schmidt, zieht es zur neuen Spielzeit zum Bergischen HC. Ganz besonders freut es uns, dass sich David in der Zeit in Stuttgart zum deutschen Nationalspieler entwickeln konnte. In 49 Ligaspielen steuerte der Linkshänder 217 Tore für den TVB bei. Davids explosive Würfe aus dem Rückraum werden dem Publikum sicherlich in Erinnerung bleiben. Außerdem verabschieden wir uns von Christian Zeitz, der während der Saison kurzfristig verpflichtet wurde. Mit seiner Erfahrung konnte er dazu beitragen, den verletzungsbedingten Ausfall von David zu kompensieren und wichtige Punkte in der Rückrunde zu sammeln. 

Morgen ab 19 Uhr könnt ihr Manu, Robert, David und Christian nochmals bei der virtuellen Spielerverabschiedung sehen. Die Verabschiedung wird als Stream live aus der Porsche-Arena auf Facebook (https://www.facebook.com/tvbstuttgart/) übertragen. Seid dabei, um den Jungs einen gebührenden Abschied zu geben!

Nach Krebs-Schock: „Schimmel“ ist wohlauf

Neun Jahre hat Tobias Schimmelbauer für den TVB Stuttgart gespielt und einen wesentlichen Beitrag zu den Erfolgen des Handball-Erstligisten geleistet. Seinen größten Sieg indes feierte der Neu-Hamburger in diesen unruhigen Tagen: Nachdem bei einer Routine-Untersuchung ein Hoden-Tumor festgestellt worden war, hat der 32-Jährige die Operation sehr gut überstanden. Der Krebs hat nicht gestreut, eine Chemotherapie ist nicht nötig. „Ich bin froh, dass ich die eine Baustelle abgearbeitet habe“, sagt Schimmelbauer im Gespräch mit der ZVW.

Nun hofft er, dass auch die Corona-Krise bald Geschichte sein wird. Schließlich hat „Schimmel“ noch einiges vor mit seiner neuen Mannschaft, dem Zweitligisten HSV Hamburg. Im November vergangenen Jahres hatten die Verantwortlichen des Deutschen Meisters von 2011 und Champions-League-Siegers von 2013 für ihre Spieler einen eher ungewöhnlichen Pflichttermin angeordnet: einen Check beim Urologen. Tobias Schimmelbauer fehlte bei diesem Termin, holte ihn jedoch zu Beginn des neuen Jahres nach. Der Befund der Ultraschalluntersuchung war eindeutig: An einem Hoden hatte sich ein Tumor gebildet, der schnellstmöglich entfernt werden musste. Zwei Tage später bereits lag der 32-Jährige auf dem Operationstisch. „Das war natürlich eine Schocknachricht für alle – für mich, meine Eltern, meine Frau“, sagt Schimmelbauer. „Die Ärzte beruhigten mich zwar gleich ein bisschen, aber du weißt ja nicht, wie du mit so einer Diagnose umgehen sollst und was auf dich zukommt.“ Schließlich habe er sich bis dahin noch nie mit dem Thema Krebs beschäftigt. „Man hat im ersten Moment keine Ahnung, welcher Krebs wie gut heilbar ist.“ Die OP selbst sei dabei das kleinere Problem gewesen, die habe er gut weggesteckt. „Das hört sich im ersten Moment zwar schlimm an, aber ich hatte ja keinen großen Leidensweg.“ Von der Operation habe er nach drei Wochen nichts mehr gemerkt und schnell keine Einschränkungen mehr gehabt. Nach vier Wochen sei er schon wieder laufen gewesen. 

Glück im Unglück: Keine Chemotherapie nötig 

Mental zu schaffen indes machten ihm die Blutuntersuchungen, die in den folgenden zwei Monaten alle zehn Tage anstanden. „Du wartest auf die Ergebnisse und zitterst, dass nichts Schlimmes dabei herumkommt. Da war die Anspannung schon groß.“ Nach einem Kontroll-Marathon und zwei abschließenden Computertomografien war klar, dass sich keine weiteren Tumore gebildet hatten. „Ich hatte Glück im Unglück, dass der Krebs so früh erkannt wurde.“ Auch von einer Chemotherapie blieb Schimmelbauer verschont. Darüber sei er „doppelt froh“ gewesen, da auf der Krebs-Station des Hamburger Krankenhauses, in dem er operiert worden war, Corona ausgebrochen sei. „Da möchte man natürlich ungern mittendrin liegen.“ Schimmelbauer gilt nun als gesund, ein Restrisiko indes bleibt. In den nächsten beiden Jahren muss er vierteljährlich zur Blutuntersuchung, bei etwa zwölf Prozent liegt die Rückfallquote. „Sollte doch wieder irgendwo etwas auftauchen, müsste ich eine Chemo machen“, so Schimmelbauer. „Ich bin von Grund auf ein positiv denkender Mensch. Die zwölf Prozent nehme ich jetzt.“ Grob gerechnet, treffe es einen von zehn. „Das passt schon.“ Auch wenn ihn die Krebs-Diagnose nicht komplett aus den Schuhen katapultiert hat: Ein bisschen zum Nachdenken gebracht hat sie „Schimmel“ schon. „So etwas führt einem vor Augen, dass bei jedem Menschen immer etwas ums Eck kommen kann, das er nicht auf dem Zettel hat.“ Man dürfe sich nie zu sicher fühlen. „Ich war ja auch immer gesund und fit. Ich werde jedenfalls Vorsorgeuntersuchungen im weiteren Leben ernst nehmen.“ 

Sehr gefreut hat sich Tobias Schimmelbauer über die vielen Genesungswünsche, die ihn erreicht haben. „Über alle möglichen Kanäle, über Freunde, den Verein. Und von Leuten, die auch Krebs haben, und von denen man das gar nicht weiß.“ Im Zweitliga-Heimspiel des HSV Hamburg Anfang März gegen die SG BBM Bietigheim feierte der Linksaußen sein Tribünen-Comeback – und war berührt von einer „supercoolen Aktion“ der Bietigheimer Spieler: Sie wärmten sich in T-Shirts mit der Aufschrift „Alles Gute, Tobi“ auf. Er habe es nicht für nötig empfunden, so im Mittelpunkt zu stehen, schließlich sei es ihm zu der Zeit schon wieder gutgegangen, sagt Schimmelbauer. „Aber natürlich war das eine tolle Geste.“ Initiiert worden ist sie vom Bietigheimer Trainer Jon Jonsson, der vor ein paar Jahren selbst an Krebs erkrankt war. „Als meine Krankheit publik geworden war, hat mir Jon geschrieben, mir gute Besserung gewünscht und gesagt, ich könne mich bei ihm melden, wenn ich Fragen hätte.“ Auch Schimmelbauers ehemaliger Club, der TVB Stuttgart, hat über Instagram beste Genesungswünsche übermittelt. Die erste Enttäuschung, dass er nach der Saison 2018/2019 keinen Vertrag mehr bekommen hat beim TVB, hat sich bei Schimmelbauer längst gelegt. Kontakt zum Ex-Club habe er unter anderem mit Jürgen und Michael Schweikardt, Alex Heib, Manuel Späth und Simon Baumgarten. „Und natürlich mit Jogi, er ist ja quasi unser Nachbar. Wir wohnen etwa 300 Meter voneinander weg.“ Weilt Johannes Bitter nicht in Stuttgart, ist er bei seinen Kindern in Hamburg. Eine Stadt, in die sich auch der gebürtige Wiesbadener Schimmelbauer schnell verliebt hat. „Hamburg hat unheimlich viel zu bieten, das ist noch einmal eine andere Nummer als Stuttgart.“ Die unzähligen Parks seien perfekt, um den Hund auszuführen. „Es gibt viel Wasser, Restaurants bis zum Abwinken und unheimlich viel Kultur. Da kannst du jeden Abend locker aus 20 Veranstaltungen auswählen.“ 

Ex-Teamkollege Jogi Bitter ist Nachbar in Hamburg 

Theoretisch. Zurzeit nämlich ist wegen der Corona-Einschränkungen noch nicht einmal an ein gemeinsames Mannschaftstraining zu denken. Längst brennt Schimmelbauer darauf, in die Halle zurückzukehren und die Kollegen zu sehen. „Wir haben eine tolle Mannschaft und super Trainingsbedingungen. Was den Verein betrifft, kann ich nur Gutes berichten.“ Nach dem Wechsel vom TVB zum HSV habe er keinerlei Anpassungsprobleme gehabt. „Ich spiele ja auf denselben Positionen, vorne Linksaußen und in der Abwehr auf der Halbposition“, sagt er und lacht. Schimmelbauer soll mithelfen, dass der HSV wieder an alte Zeiten anknüpfen kann. Nachdem die Hamburger aufgrund finanzieller Turbulenzen Anfang 2016 den Bundesliga-Spielbetrieb eingestellt hatten, planen sie mittelfristig die Rückkehr in die Eliteklasse. Mit dem Aufstieg aus der dritten in die zweite Liga in der Saison 2017/2018 reichte es in der Spielzeit darauf zu Rang zwölf und in der nun abgebrochenen Saison zum achten Platz. Schimmelbauers Vertrag endet nach der kommenden Saison. „Wir können uns auf jeden Fall vorstellen, noch ein paar Jährchen hierzubleiben“, sagt er. Schimmelbauers Ehefrau Jessica hat rasch eine Anstellung als Architektin gefunden. Vielleicht kommt’s ja irgendwann zu einem Wiedersehen in der Scharrena oder Porsche-Arena. „Bis dahin möchte ich auf diesem Weg viele liebe Grüße an alle TVB-Fans und Bittenfelder schicken“, sagt Schimmelbauer. 

Zur Person 

Tobias Schimmelbauer wurde am 1. Juni 1987 in Wiesbaden geboren. Er ist mit Jessica verheiratet und hat an der Uni Stuttgart Sportwissenschaft studiert. In der Jugend und zunächst auch bei den Aktiven spielte der 1,99 Meter große Linksaußen bei der SG Wallau-Massenheim. 2009 wechselte „Schimmel“ zur HSG Frankfurt und nach einer Saison zum TV Bittenfeld. Mit dem TVB qualifizierte er sich 2011 für die eingleisige 2. Bundesliga und stieg mit ihm 2014/2015 in die 1. Bundesliga auf. Nach der Saison 2018/2019 erhielt er beim TVB keinen neuen Vertrag mehr und schloss sich dem Zweitligisten HSV Hamburg an. Schimmelbauers Teamkollegen sind die Ex-TVB-Spieler Jan Forstbauer und Jonas Maier. 

Quelle: Thomas Wagner/ZVW

Bundesliga-Ende für TVB-Spieler Manuel Späth

 Am 22. Februar 2006 gab der Handball-Erstligist FA Göppingen, im Anschluss an das Heimspiel gegen den THW Kiel, die Verpflichtung des 20-jährigen Manuel Späth vom Filderclub TSV Neuhausen bekannt. „Wir freuen uns über den Neuzugang des Perspektivspielers aus der Region“, schrieben die Göppinger damals in einer Pressemitteilung. Aus dem Talent ist längst ein Dauerbrenner geworden. Und ein Rekordhalter: In 14 Jahren verpasste Späth lediglich zwei Bundesligaspiele – wegen der Geburt seiner beiden Töchter.

Eigentlich hätte der 34-Jährige, der nach drei Spielzeiten beim TVB Stuttgart keinen neuen Vertrag mehr erhält, am 14. Mai in Flensburg sein letztes Bundesligaspiel bestritten. Durch den vorzeitigen Saisonabbruch war die Partie gegen Magdeburg am 8. März das Abschiedsspiel. „Ich hätte die restlichen sieben Spiele noch sehr gerne genossen“, erzählt Manuel Späth im Interview. Am Ende seiner Laufbahn möchte er sich einen finalen Traum erfüllen: ein Engagement im Ausland. 

Herr Späth, Sie sind derzeit ein gefragter Mann: An einem Tag standen Sie erst der „Filstalwelle“ Rede und Antwort und waren anschließend zu Gast beim TVB-Montalk mit Jens Zimmermann, jetzt fragt die Lokalzeitung an. Und nebenbei kümmern Sie sich ausgiebig um die vielen Einträge der Fans auf Ihrer Facebook-Seite. Das hört sich nach Terminstress an. Nein, das ist derzeit eine ganz nette Abwechslung. Ansonsten gibt es ja nicht so viel zu tun. Deswegen habe ich mich auch mit den Fans, von denen ich viele persönlich kenne, ein bisschen stärker ausgetauscht. Es ist schön, wenn man auf diese Weise in Kontakt bleiben kann. Man sieht sich ja derzeit in der Halle nicht mehr. Auf Ihrer Facebook-Seite schreiben Sie auch, dass mit dem vorzeitigen Ende der Saison zugleich – nach 14 Jahren – Ihre Zeit in der Bundesliga endet und dass Sie sich einen anderen Abschluss gewünscht hätten. Vom Ende der Profi-Karriere sprechen Sie allerdings nicht. Das hört sich so an, als ob Ihre Pläne, die Laufbahn im Ausland fortzusetzen, weit gediehen seien. 
Ich bin mit ein paar Vereinen in ganz guten Gesprächen. Es ist aber noch nichts fix, deshalb möchte ich dazu jetzt auch noch nichts sagen. Ich habe ja schon öfter betont, dass das Ausland für mich noch einmal sehr reizvoll wäre. Ich hoffe auch nach wie vor, dass es klappt – trotz der Corona-Krise. Wenn es passen sollte für mich und meine Familie und natürlich auch sportlich, dann ist das nach wie vor noch mein Traum, den ich mir gerne erfüllen würde. 

Hat Sie die Tatsache, dass Sie zuletzt in sehr guter Form waren, in diesem Vorhaben bestärkt? 
Sicherlich haben die Leistungen dazu beigetragen, dass sich noch einmal die eine oder andere Tür geöffnet hat. So gesehen, ist es sehr schade, dass die Saison so abrupt endete. Verzögert sich die Entscheidung nun durch die Corona-Krise? Schon, denn keiner weiß so recht, wie’s weitergeht. Hinzu kommt, dass ein Wechsel ins Ausland mit mehr Aufwand verbunden ist als einer innerhalb der Region. Deshalb gibt’s da noch einige Dinge mehr zu klären. Grundsätzlich bin ich aber optimistisch, dass sich bald etwas ergeben wird. Es hat ja eine ganze Weile gedauert, bis die Auswirkungen des Corona-Virus offensichtlich geworden sind.

Wann haben Sie realisiert, dass das Spiel gegen Magdeburg am 8. März Ihr letztes in der Liga gewesen sein könnte? 
Direkt nach dem Spiel noch nicht, wir haben ja noch bis zum Ende der Woche normal trainiert. Obwohl das Virus immer größere Wellen geschlagen hat, haben wir immer noch gedacht, dass der Spielbetrieb wieder aufgenommen wird. Aber dann hat es sich angedeutet, dass es nichts mehr werden wird. Für mich stand relativ schnell fest, dass es keinen Sinn macht, noch einmal zu spielen. Zumal ja die Geisterspiele im Handball nicht infrage kamen. Nach dem vorzeitigen Saisonende haben Sie jetzt die Gelegenheit, mehr Zeit mit Ihrer Frau und Ihren beiden Kindern zu verbringen. Ja, wir unternehmen einiges zusammen als Familie. Wir haben viel im Garten gespielt oder den einen oder anderen kleinen Ausflug gemacht in die Natur. Natürlich fehlt es uns, dass wir unsere Freunde nicht treffen können. Wir machen halt das Beste aus der Situation. 

Ihre Verabschiedung vor drei Jahren in Göppingen war fast schon legendär. Gab’s beim TVB auch schon Pläne für eine kleine Abschiedsparty? 
Wir hätten natürlich ganz gerne einen schönen Abschied gehabt, auch mit unseren Freunden. Jetzt müssen wir sehen, wie sich alles entwickelt und ob zumindest virtuell oder in einem kleinen Rahmen vielleicht doch noch etwas möglich ist. 

Wie traurig stimmt Sie dieser auf jeden Fall leise Abschied? 
Klar, ich hatte mich auf die restlichen Bundesligaspiele sehr gefreut. Man nimmt sie noch einmal ganz anders wahr, wenn man weiß, dass es die letzten sind. Andererseits steht mein Abschied beim TVB ja eine Weile fest, dementsprechend habe ich die Spiele seither schon anders erlebt. Gerade die Partien in der Porsche-Arena, das Spiel gegen Göppingen beispielsweise. So was bleibt in Erinnerung. Ich denke, sollte die Profi-Karriere für mich noch weitergehen, wäre dieser Abschied noch zu verschmerzen, weil’s ja noch nicht das endgültige Ende wäre. 

Wie fällt Ihr sportliches Fazit nach dieser unvollendeten Saison aus? 
Es war klar, dass es für uns nicht einfach werden wird mit vielen neuen Spielern, die noch nie in Deutschland gespielt haben. Im Dezember und spätestens in der Rückrunde haben wir gezeigt, dass wir zu einer richtig guten Mannschaft geworden sind und sicher auch noch den einen oder anderen Punkt geholt hätten. Jetzt sind wir eben auf diese Weise Zwölfter, das ist immerhin das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte. Unterm Strich können wir aus sportlicher Sicht zufrieden sein. 

Auch Sie persönlich dürften sehr zufrieden sein. Spielten Sie Ihre beste Saison im TVB-Trikot? 
Obwohl klar war, dass ich den Verein verlassen werde, stand ich eigentlich immer auf dem Feld. Das zeigt, dass die Leistung gepasst hat. Ich denke, dass ich meinen Teil dazu beigetragen habe, dass der TVB so eine Saison gespielt hat. Ich war zufrieden und das Feedback war meistens auch sehr positiv. Es freut mich natürlich, dass ich mich so verabschieden konnte. 

Auch wenn’s jetzt wahrscheinlich nicht an der Zeit ist für das große Fazit nach dem Profi-Handball: Können Sie die 14 Bundesligajahre in ein paar Sätzen zusammenfassen? Was haben Sie am meisten genossen, was hat Sie gestört? 
Es ist schwierig, das in ein paar Sätzen zu formulieren. Aber insgesamt war es eine sehr, sehr schöne Zeit. Jeder, der eine Sportart ausübt, träumt vielleicht davon, dass er sie professionell betreiben kann. Für mich ist es nach wie vor eine tolle Sache, dass ich mit meinem Hobby meinen Lebensunterhalt verdienen und dem Hobby tagtäglich nachgehen kann. Ich möchte kein Jahr missen. Außerdem habe ich nebenbei mein Studium (Internationales Management, Anm. d. Red.) ganz gut hinbekommen und konnte mich so für die Zeit nach der Karriere vorbereiten. Natürlich ist man terminlich gebunden mit dem Handball. Es gibt den festen Spielplan, man kann die Freizeit schlecht planen. Weil man meist an den Wochenenden unterwegs ist, verpasst man beispielsweise Hochzeiten von Freunden. Auch Urlaub ist nur möglich, wann es der Trainings- und Spielplan hergibt. Auf der anderen Seite habe ich als Familienvater unter der Woche auch mal tagsüber Zeit, wenn kein Training ist. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. 

Im Video-Interview mit der Filstalwelle wurde eine Grußbotschaft von Christian Gentner eingespielt. Wie kam es zu den Freundschaft mit dem Ex-VfB-Spieler? 
Wir kennen uns relativ lange. Als zu Göppinger Zeiten die alte Hohenstaufenhalle in den Jahren 2008 und 2009 umgebaut wurde, haben wir unsere Heimspiele regelmäßig in der Porsche-Arena ausgetragen. Da kamen die Fußballer auch das eine oder andere Mal in die Halle und wir wurden im Gegenzug zu den VfB-Spielen eingeladen. Da haben wir uns ein bisschen kennengelernt. Wir waren ja auch beide eigentlich immer in der Region, Christian war kurz in Wolfsburg. Dadurch haben wir uns auch immer wieder auf Veranstaltungen getroffen. Wir sind immer in Kontakt geblieben. Gentner lobte Sie für die Werte und Tugenden, die Sie anderen in den vielen Jahren vermittelt haben, und dafür, dass Sie nie Ihre Bodenhaftung verloren hätten.

Wie sehr berühren Sie, auch als alten Hasen, solche Worte? 
Das ist schon eine schöne Wertschätzung – gerade, wenn sie von einem Menschen wie Christian Gentner kommt. Es ist irgendwo auch eine Bestätigung für die Arbeit. Dadurch, dass ich selbst damals als sehr junger Spieler nach Göppingen gekommen bin und es genossen habe, diesen Weg zu gehen und selbst Profi zu werden, war es mir immer wichtig, das alles wertzuschätzen und auf dem Boden zu bleiben. Ich denke, Gente und ich haben ähnliche Tugenden und sind uns vom Typ her da sehr ähnlich. 

Zur Person Manuel Späth wurde am 16. Oktober 1985 in Ostfildern geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter. Der 2 Meter große Kreisläufer spielte in der Jugend bei der JSG Ostfildern. Erste Station bei den Aktiven war der TB Ruit. In der Saison 2004/2005 wechselte er zum TSV Neuhausen in die Regionalliga, 2006/2007 zu FA Göppingen in die erste Bundesliga. In den elf Spielzeiten gewann er viermal den EHF-Pokal. Am 29. November 2008 feierte „Urmel“ sein Debüt in der Nationalmannschaft, er bestritt 38 Länderspiele. Am 9. November 2013 bestritt Späth sein 250. Bundesligaspiel in Folge. In 14 Jahren verpasste er lediglich zwei Partien – wegen der Geburt seiner beiden Kinder. Zur Saison 2017/2018 schloss sich Späth dem TVB Stuttgart an. 

Tschüss, TVB: Nach drei Spielzeiten beim TVB Stuttgart und elf Jahren bei FA Göppingen verabschiedet sich Manuel Späth aus der Handball-Bundesliga.

Quelle: ZVW/Thomas Wagner